ensemble

If there’s no one else to blame (2019)

11’

Für großes Ensemble

Fl (Bfl), Sax (Brtn,Alto) Trpt, Pos, Perc, Hrf, Klv, Akk, Vl, Vla, Vc, Kb

And in the end you will say: „No one had told me!“ or „I even changed to an electrical car!“ or „But I have always had meat each day of the week!“ or „The earth always has had warm periods!“or „It’s their (whoever) fault!“ or „The sun just moved too close to the earth!“ or „It’s the devils work!“ or many other excuses until you finally realize, that THERE’S NO ONE ELSE TO BLAME

Ensemble Vertixe Sonora

Missed Extinction (2019)

12’

für Trautonium und Ensemble

Trtn, Ob, Perk, Vl, Vla, Vc, Kb

Manchmal bringt die Geschichte Dinge hervor, die für sich alleinstehend herausragende Entwicklungen sind und die jedoch im Kontext ihres Erfindungszeitpunkts oder ihrer Umgebung gescheitert sind. Ein solches Beispiel ist das Trautonium. Eine für damalige Verhältnisse sensationelle Erfindung – ein elektrisches Instrument, das auf kleinste Bewegungen reagiert und anders, als analoge Instrumente, eine grenzenlose Vielfalt an Klängen erzeugen kann. Eine Erfindung, die in eine Zeit der Zerstörung geboren wurde und damit niemals die Chance hatte sich zu behaupten.

Als Komponist hat mich das Phänomen des aus-der-Zeit-gefallen-Seins sehr inspiriert. Ich denke in letzter Zeit häufig darüber nach, ob wir nicht auch bereits aus der Zeit gefallen sind. Der Mensch als sensationelle Erfindung der Welt, die sich als wirklich nützlich und fortschrittlich erweisen hätte können. Doch sind die natürlichen Ressourcen nicht für das aggressive Expansionsverhalten des Menschen gemacht und so wird der Mensch aller Voraussicht nach ab 2050 aussterben…Oder man bekommt eine zweite Chance und entkommt seiner Ausrottung durch dieintensive Arbeit von Forschern und wissensdurstigen Freaks, die alte Schätze ausgraben,altes Wissen in einen neuen Kontext stellen und damit Verlorengeglaubtes wieder ansTageslicht bringen. Das Trautonium zu erhalten ist daher im übertragenen Sinne eineNotwendigkeit, die im Vergleich zur Erhaltung des Homo Sapiens eine leichte Aufgabedarstellt.

Ensemble Vertixe Sonora

Fadenschein (2014)

10’

für 10 Instrumente

Ob (Eh), 2 Kl (1*Bkl), Fg, 2 Perk, Hrf, 2 Vln, Vc

„Den Faden verlieren“ ist ein weitbekanntes Sprichwort und tatsächlich geht es im Stück Fadenschein um die Frage der Orientierung. Ein Ton (e’) zieht sich wie ein Faden beinahe vollständig von Anfang bis zum Ende durch einen Irrgarten aus Flächen, rhythmischen Schichten und Klangeruptionen. Ausgehend vom lang gehaltenen Flageolett im Cello wandert er per Uminstrumentierung durch das Ensemble und ändert dabei ständig seinen Gestus und passt sich chamäleongleich seiner Umgebung an. Er ist Ornament, Leitfigur und Störelement in einem. Der Widerspruch zwischen einem treuen Begleiter und einer fast Tinnitus-ähnlichen Belästigung bestätigt immer wieder den Schein einer falschen Wahrheit. Das Ensemble reagiert auf seine kontinuierliche Anwesenheit und versucht sich von dieser Ambivalenz zu befreien und wird dennoch immer wieder in seinen Bann gezogen und scheitert letztlich. Dem Stück liegt ein spezielles Stimmungssystem der Harfe zugrunde, welches die gesamte Harmonik des Ensembles bestimmt. Leere Quinten werden mit einer Dur- oder Mollterz befüllt, welche wiederum von den benachbarten Vierteltönen eingerahmt und damit eingetrübt wird. Der thematisierte Ton bildet dabei die zentrale Achse des gesamtenTonraums.

Gefärbtes Funken (2013)

7’

für 11 Instrumente

2 Fl, Fg, 3 Perk, Klv (at lib.Fender Rhodes), 2 Vln, Vla, Vc

Was ist Popmusik? Was ist Neue Musik? Fragen, die ebenso offen wie sinnlos sind, denn jede Engstirnigkeit radikale Grenzen zu setzen führt dazu, dass man kleinen musikalischen Zwischenkulturen das Wachsen versagt. Fakt ist: Populär bedeutet, dass etwas Anklang findet. So wie der, längst bekannte, am Anfang des Stücks zitierte Funkrhythmus. Dieser entwickelt ein Instrumentarium, das sich gänzlich seiner fortspinnenden Rhythmik unterwirft. Also ein Funkstück, dass mit klassischen Instrumenten zum Klingen gebracht wird. Was aber wenn plötzlich Schönbergs erste Akkorde aus dem Stück „Farben“ aus den 5 Orchesterstücken Op.16 erklingen und sich in das rhythmische Geschehen einfügen? Schönberg mag in vielen Köpfen schnell den Eindruck eines allzu systematischen und rationalen Komponisten erwecken, ist er doch einer der Väter der Avantgarde und heute mehr geliebt als zu Lebzeiten. So ist das zitierte Stück eigentlich ein Klassiker der Musikgeschichte – und findet Anklang bei großem Publikum; ist folglich populär!? Das Paradoxe ist tatsächlich, dass in „Gefärbtes Funken“ einem populären Stück der letzten Jahrhundertwende das Gewand eines rhythmischen Modells aus der Funkmusik übergestülpt wird, um sich durch Konfrontation zum Zerbrechen zu bringen. Letztlich wird dadurch jedoch eine völlig andere Atmosphäre erreicht, die jedes vorherige rhythmische Aufbäumen verschluckt und somit keine Rückkehr in eine der beiden Ursprünge mehr zulässt. Der anfänglich energetisch geladene Funkrhythmus sowie Schönbergs Akkordkette scheinen im leeren Raum zu verfliegen.

Répulsion aimante (2012/13)

12’

für 11 Instrumente

2 Fl, Ob, Eh, Kl, Bkl, Fg, 2 Pos, 2 Perk

Répulsion aimante (fr.) zu deutsch: „liebevolle Abneigung“ klingt wie ein Widerspruch auf engstem Raum. Inspiriert von der Idee des Magnetismus, dem Anziehen und Abstoßen, spreizen sich kleinste Intervalle zu oktavübergreifenden Akkorden, die wiederum von anderen angezogen und abgestoßen werden. Ein Spiel zwischen Bewegung und Statik, das sich sogar auf den Raum überträgt: Die Instrumentalisten stehen im Kreis um das Publikum und reagieren auf Impulse, die sie ihre Positionen wechseln lässt. Es entsteht ein Magnetismus unter den Klangkörpern, der die Klangeindrücke zusätzlich verstärkt.

Escalade (2011)

11’

für  11 Streicher

4 Vln, 2 Vla, 3 Vc, 2 Kb

Die Idee zu „Escalade“ (frz. Eskalation, Klettern u.a.) entstand während meiner ersten Erfahrungen mit elektronischer Musik. Ich verwendete eine Aufnahme eines langen Violinentons (c’) und ließ aus diesem zwei weitere Stimmen über einen sehr langsamen Zeitraum von 20 Sekunden zu der nächsten kleinen Sekunde ober- und unterhalb glissandieren. Ich wiederholte direkt im Anschluss das gleiche Prinzip und ließ zwei weitere Stimmen den Vorgang wiederholen, während die bereits gestarteten Stimmen nun eine weitere Distanz (gr. Sekunde) zu glissandieren bekamen. Es entstand ein kanonisches Prinzip, das einen gewaltigen Fächer in den hohen und tiefen Tonraum zur Folge hatte. Das eskalierende Moment dieser Struktur erinnerte mich an das Fallenlassen eines Tischtennisballes mit seiner Phasenverkürzung zwischen zwei energetischen Höhepunkten. So wurde diese Idee in vieler Weise auf die Gesamtform des Stückes übertragen. Das Werk ist nah an die klassische Sonatenhauptsatzform angelehnt: Exposition – Durchführung – Reprise – Coda. Die Durchführung behandelt großformal in einzelnen Abschnitten die bereits erwähnte Phasenverkürzung bis hin zu seiner Eskalation. Die darauf folgende Reprise behandelt die Geburt von festen Tonhöhen über das vollchromatische Modul der Hexentreppe oder auch Teufelsmühle (einem harmonischen Prinzip der romantischen Musik). In der Coda erklingen daraufhin über Flageolettglissandi tatsächlich nur noch unglissandierte Einzeltöne. Der gespaltene Einzelton zu Beginn des Stücks führt also über ein scheinbar endloses Glissandieren zu sukzessiven Tonfolgen und Einzeltönen und könnte tatsächlich mit dem letzten Ton (c’) das Stück von vorne beginnen lassen.